Wohnungsmarkt

Was tun? Appell an Vermieter*innen

Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt vermeiden

Liebe Vermieter*innen, Hausbesitzer*innen, Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften,

wenn Ihnen Gleichbehandlung wichtig ist …

Diskriminierung ist immer eine Würdeverletzung, die auch auf dem Wohnungsmarkt als einem zentralen Lebensbereich dringend zu bekämpfen ist. Denn Zugang zum Wohnraum zu haben und sich in der eigenen Wohnung und Nachbarschaft wohl zu fühlen, ist ein existenzielles Bedürfnis jedes einzelnen Menschen. Herkunft, Sprache, Religion, Hautfarbe, Aufenthaltsstatus oder die eigene Lebensweise dürfen bei der Entscheidung, wer den Zuschlag für eine Wohnung bekommt oder wer in einer Wohnung wie (weiter-)leben darf, keine Rolle spielen.

Bei dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe haben Sie als kommunale, öffentliche und privatwirtschaftliche Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften, Eigentümer*innengemeinschaften und Privatanbietende die Möglichkeit und vor allem die Verantwortung, zur Stärkung einer Antidiskriminierungskultur beizutragen. Laut Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. (GdW) wohnt über die Hälfte der Haushalte in Deutschland zur Miete (in Großstädten sogar über 70%). Sie haben also eine Schlüsselposition, um Diskriminierungen effektiv entgegenzuwirken. Sie sind der mächtigste „Gatekeeper“ des Wohnungsmarkts und können deswegen die Bekämpfung von rassistischer Diskriminierung in wesentlichem Maße garantieren.

Als „Gatekeeper“ werden in der Forschung diejenigen Wohnungsmarkt-Akteur*innen bezeichnet, die über den Zugang zu Wohnraum bestimmen. An Ihnen hängt die Entscheidung, wer eine Wohnung wo bekommt und wer nicht bzw. wer in einer Wohnung weiterleben darf oder ausziehen muss. Diese Entscheidungen können – bewusst oder unbewusst – diskriminierend ausfallen. Es liegt in Ihrer Verantwortung, bei diesen Entscheidungen sensibel gegenüber eigenem – auch unbewussten – diskriminierenden Handeln und das Ihrer Mitarbeiter*innen oder Hausmeister*innen und Hausverwaltung zu sein, ein solches Handeln zu erkennen, zu vermeiden oder zu beseitigen. Wir wollen Sie mit dieser Handreichung darin unterstützen.

Nutzen Sie Ihre einflussreiche Position dazu, dass die Wohnstruktur jeder Stadt die Diversität in unserer Gesellschaft widerspiegelt und integrierend wirkt.
Ein rassismussensibles Klima auf dem Wohnungsmarkt hätte nicht nur sehr positive individuelle Folgen für Geflüchtete, Menschen mit Migrationsgeschichte und Migrant*innen, sondern auch strukturelle, die auf den Zusammenhalt einer Gesellschaft förderlich wirken. Unfreiwillige Segregation von Bevölkerungsteilen wäre dann keine alltägliche Erscheinung mehr.

Seien Sie sensibel für Diskriminierungsbeschwerden von Ihren Mieter*innen gegenüber anderen Nachbar*innen.
Rassistische Diskriminierung und rassistisch motivierte Belästigung, Mobbing und Bedrohungen sind keine Nachbarschaftskonflikte, sondern Persönlichkeitsrechts- bzw. Würdeverletzungen, die eine Person einem anderen Menschen antut. Dieses wiederkehrende Muster hat gravierende Folgen für das Leben der von Diskriminierung betroffenen Menschen. Stellen Sie sich an ihre Seite und zeigen Sie den Mieter*innen, dass Sie Rassismus in Ihrem Haus nicht dulden. Machen Sie ggf. von Ihren rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch, gegen solche Beschwerden vorzugehen, wie wir sie in Kapitel 6 unserer Handreichung »Rassismus auf dem Wohnungsmarkt« beschreiben.

Mit unseren Handlungsempfehlungen wollen wir Ihnen weitere Möglichkeiten aufzeigen, wie Sie gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt und im Wohnumfeld aktiv werden können. Das ist wichtig. Denn es erspart allen Beteiligten die für den juristischen Weg nötige Zeit. Vor allem aber erspart es den Betroffenen großes und ungerechtes Leid.

  • Es ist Ihre Verantwortung, für eine Willkommens- und Antidiskriminierungskultur in Ihrem Haus zu sorgen.
  • Prüfen Sie, ob das Verfahren bei der Auswahl neuer Mieter*innen in allen Phasen diskriminierungsfrei abläuft. Achten Sie bei der Struktur der Bewohner*innen auch auf mittelbare und strukturelle Diskriminierung, um die Vielfalt innerhalb Ihres Wohnobjektes zu erhalten.
  • Akzeptieren Sie die Kommunikation mit von den Mieter*innen ausgewählten Dolmetscher*innen, auch durch Angehörige oder Bekannte. Das kann hilfreich sein, wenn die Übersetzung des Vertrags in eine andere Sprache nicht möglich ist, und kann auch bei der weiteren Verständigung über das Mietverhältnis Missverständnisse vermeiden bzw. schnell klären.
  • Halten Sie Verträge und Hausordnungen mit Rücksicht auf die zunehmende Mehrsprachigkeit von Mieter*innen in mehreren Sprachen bereit.*
  • Signalisieren Sie in Ihrer Hausordnung allen Mieter*innen, dass Diskriminierung in Ihrem Wohnobjekt nicht geduldet wird. Ein diskriminierungsfreies Miteinander ist für das friedliche Zusammenleben in jedem Haus wesentlich und muss deswegen auch als Verhaltenserwartung an alle verbindlich geregelt werden. Eine Antidiskriminierungsklausel kann so lauten: Diskriminierung, Mobbing, Bedrohung und Belästigung zerstören das friedliche Zusammenleben und werden in diesem Haus nicht geduldet. Rassistisch diskriminieren heißt, einen anderen Menschen aufgrund von Herkunft, Hautfarbe, Name, Religion, Sprache oder Lebensweise zu benachteiligen, zu beleidigen, zu belästigen oder zu bedrohen.
  • Sehen Sie in Ihrer Hausordnung auch Sanktionen vor für den Fall von Zuwiderhandlungen gegen die Antidiskriminierungsklauseln. Die Sanktionen in nachgewiesenen Fällen von Diskriminierung sollen sich über Mahnungen bis hin zur Kündigung des Mietverhältnisses erstrecken. Die mietrechtlichen Vorschriften des BGB räumen Ihnen das Recht dazu ein.
  • Wenn Sie Privatanbieter*in sind, sorgen Sie dafür, dass Ihre Hausverwaltung diese Maßnahmen ergreift.
  • Wenn Sie Mitarbeiter*innen beschäftigen, stellen Sie sicher, dass insbesondere diejenigen mit direktem Kontakt zu Mieter*innen und Mietinteressent*innen diskriminierungsfrei handeln. Dies betrifft auch Hausmeister*innen und Hausverwaltungen. Setzen Sie entsprechende Qualitätsstandards in Ihrer Firma um und achten Sie darauf, dass Ihre Beschäftigten sie einhalten.
  • Berücksichtigen Sie bei Einstellungen und Beförderungen die DiversityKompetenz Ihrer Beschäftigen, also ihre Fähigkeit und Bereitschaft, alle Mieter*innen in ihrer Unterschiedlichkeit und Vielfalt zu akzeptieren und gleich zu behandeln.
  • Sie können interne Sensibilisierungskampagnen starten, Informationsmaterialien bereithalten und teilnahmepflichtige DiversityTrainings und ähnliche Fortbildungen anbieten. Inhalt dieser Maßnahmen sollten der Grundsatz der Gleichbehandlung und seine gesetzliche Verankerung, Sensibilisierung für diskriminierendes Handeln und handlungspraktisches Wissen in Bezug auf Rassismus sein.
  • Für den Fall, dass es trotz dieser Präventionsmaßnahmen zu Konflikten kommt, empfehlen wir Ihnen ein transparentes und diskriminierungssensibles Beschwerde und Konfliktmanagement für Mietinteressent*innen und Mieter*innen einzuführen, das nach folgenden Richtlinien arbeitet:
    • es geht auf die Bedürfnisse der Betroffenen ein,
    • es schlägt Sanktionen vor,
    • es dokumentiert alle Beschwerden,
    • es wird kontinuierlich evaluiert.
  • Die Praxis zeigt, dass andernfalls mit Bagatellisierung der Diskriminierungsbeschwerden der Betroffenen zu rechnen ist.
  • Nutzen Sie auch die Hausordnung, um Ihre Mieter*innen ausdrücklich über die Existenz dieses Beschwerde- und Konfliktmanagements zu informieren.
  • Holen Sie sich Rat und Unterstützung und nutzen Sie vorhandene Antidiskriminierungsstrukturen. Bauen Sie Kontakt zu örtlichen Beratungsstellen gegen Diskriminierung auf und arbeiten Sie mit diesen im Konfliktfall zusammen. Die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg freut sich, Sie in konkreten Fällen über Ihre Handlungsmöglichkeiten zu informieren.

… vermeiden Sie Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt!


*Auf der Webseite des Deutschen Mieterbundes gibt es z.B. Musterverträge auch in englischer Sprache www.mieterbund.de/service/mietvertrag.html